25. Jul 2024
Von kleinen Anfängen zu einem drei-tägigen Event mit internationalen Bands: Erfahre im Interview mit BAUR-Kollegen Alexander und Florian, die das Festival mit organisieren, wie das Rock im Wald Festival zur regionalen Sensation wurde.
Hatti: Das Rock im Wald Festival gibt es bereits seit 1995. Die Gründung erfolgte im Rahmen einer runden Geburtstagsfeier, als ca. 100 Gäste eine regionale Überraschungs-Band in einem Schrebergarten miterleben durften. Das war sozusagen die Geburtsstunde unseres Festivals, was sich seit je her zu einem durchaus ansehnlichen Event in der Region mit rund 2000 Besuchern entwickelte. Nachdem ich mit ca. 16 Jahren erstmals als Helfer im Ausschank vorzufinden war, bin ich im Jahr 2006 in das Orga-Team eingestiegen und kümmere mich vorwiegend um die finanziellen & behördlichen Aufgaben in der GbR.
Flo: Ich war schon immer Fan und treuer Besucher des Rock im Wald Festivals. Mit der Zeit habe ich mich immer wieder als Hilfe angeboten, um bei Auf- und Abbau mitzuwirken. Irgendwann hat Alex mich angesprochen, dass ich unterstützen könnte. Eins kam sehr schnell zum anderen, weshalb ich seit 2018 Teil des Kernteams bin und die Social Media Arbeit und weitere Themen, wie z.B. das Merchandise, verantworte.
Hatti: Da gibt es so einige. 2009 hatte unsere Hauptband die fränkische Genussregion etwas zu sehr zelebriert und vergessen, dass der Auftritt noch aussteht. Wir mussten die Bandmitglieder überall suchen und fanden sie am benachbarten Baggersee in Schwürbitz ziemlich benebelt wieder. Die Show war am Ende trotzdem noch überragend. Als weitere Herausforderung ist sicherlich das Wetter zu nennen. Auch wenn wir schon immer etwas Glück hatten, gab es natürlich auch Jahre mit massiven Niederschlag oder Windböen, die eine Unterbrechung unseres Open Airs mit sich brachten oder den Aufbau im Vorfeld stark verzögerten. Unsere Rettung war hier meistens: spontaner Hackschnitzel-Großeinkauf in der ganzen Region. Als jüngste & kurioseste Herausforderung kann man sicherlich den Engpass bei den Toiletten und Dixies erwähnen. Als die Baubranche bei niedrigen Zinsen Hochkonjunktur hatte, wäre unser Festival mal fast in letzter Minute zum erliegen gekommen, da uns keine Firma mehr mit ausreichend Dixies beliefern konnte. So banal das klingt: Ohne "Klos nix los"
Flo: Für mich war die Corona-Zeit bezüglich unseres Festivals sehr belastend. Für 2020 war bereits vieles eingetütet. Dann die zweijährige Zwangspause, die uns dann alle geschlaucht hat. Hier haben wir uns im Team immer wieder motivieren müssen dranzubleiben. Danach, mit diversen Altverträgen und teilweise neuen Bands, wieder ein annehmbares Festival zu organisieren, war durchaus herausfordernd.
Flo: Ich denke schon, dass jeder im Kernteam mit seiner speziellen Anforderung ein gewisses Know-How und Gespür für seine Aufgaben aus dem eigentlichen Job mitbringt. Dazu muss man erwähnen, dass wir inzwischen selbst wie eine Organisation funktionieren. Da gibt es Verantwortungsbereiche, Arbeitspakete, klare Rollenverteilung, Wissensträger, Könner, etc. - und auch mal ein Feierabendbier.
Hatti: Der Moment, wenn der erste Gitarrensound aus der Anlage kommt und der Zapfhahn in unseren Schankwägen läuft. Du weißt dann, dass es sich wieder gelohnt hat, die Energie & Kraft aufzubringen. Für mich persönlich ist es irgendwie auch der Moment, wenn wir die Sportanlage meines Fußballvereins VFB Neuensee in eine andere Welt verwandeln. Da kommt plötzlich nicht mehr der Schiri oder die Fußballmannschaft vom VfR Schneckenlohe zum Umziehen, sondern 3 Bands mit Anhang aus Skandinavien, USA und Australien genießen den Backstagebereich unseres Sportheims. Und der Rasenplatz im Champions League Niveau wird nicht mehr nur zum konstruktiven Passspiel genutzt, sondern stellt wieder mal den bequemsten Festivalteppich Deutschlands dar (vermute ich zumindest 😉)
Flo: Jedes Rock im Wald Festival ist für mich ein absolutes Highlight. Zu sehen, was wir Jahr für Jahr auf die Beine stellen und wieviel positive Resonanz von den Besucher*innen kommt, versetzt mich in pure Euphorie. Ein unglaublich gutes Gefühl, dass mich alleine beim Schreiben dieser Zeilen schon elektrifiziert.
Hatti: Die ganz großen werden es nicht sein und dafür sind wir auch nicht ausgelegt. Heuer haben wir mit Danko Jones und Wolfmother schon zwei namhafte Bands auf der Bühne, die zumindest bei Rock Antenne und Radio Bob rauf und runter laufen. Diese zwei Headliner werden auch in den Folgejahren schwer zu toppen sein. Für mich sind es daher immer wieder die Bands in der "mittleren Kategorie", die z.T. noch nicht so bekannt sind oder mit hoher Wahrscheinlichkeit noch am Anfang ihrer Karriere stehen. Als bekanntestes Beispiel kann man da Volbeat nennen. Die hatten ihren ersten Auftritt 2007 in Deutschland auf unserem Festival und bespielen jetzt die großen Bühnen dieser Welt. Aber einen Wunsch habe ich trotzdem seit einigen Jahren: Clutch und the Hellacopters wären meine Traumkombi bei den Headlinern.
Flo: Die ganz großen Bands - nehmen wir nur als Beispiel mal Metallica - spielen hier und da Geheimkonzerte. So etwas kannst du natürlich nur über Connections einfädeln. So ein Überraschungs-Gig wäre mega. Wenn hier also jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, schreibt mir bitte. Aber um realistisch zu bleiben: Wir schauen einfach Jahr für Jahr, wer unterwegs ist. Dass wir inzwischen mit namhaften Agenturen kooperieren, hilft da inzwischen sehr, um so manche Perle an Land zu ziehen.
Hatti: Stichwort Internationalisierung. Sowohl die Bands als auch die Besucher kommen mittlerweile von überall her. In den ersten Jahren muss ich zugeben, dass unser Publikum noch zu unbequem war. Da kamen viele Klischees zum Tragen. Von Nachbar-Gärten, die mit Notdurft versehen waren bis zu einem völlig vermüllten Gelände. Das hat sich über die Jahre völlig gedreht. Sicherlich auch mit einem wachsenden Reifegrad des Festivals und der Bands in Summe. Wir haben das Genre und die Zusammensetzung des Line Ups verändert mit dem Ergebnis, dass wir seit vielen Jahren das coolste Publikum ever haben. Absolut friedlich & freundlich. Der Campingplatz ist nach dem Festival sauber, ohne dass wir etwas gemacht haben. Und wenn der Nachbar die Gartendusche auf den Gehsteig stellt, sodass sich die Besucher bei hohen Temperaturen umsonst abkühlen können, dann hat er am nächsten ohne Hinzutun einen Briefkasten voller Geld, weil die Aktion so geschätzt wird.
Flo: Als jahrelanger Besucher der ersten Stunde hat sich das Festival in meiner Empfindung auf jeden Fall stark verändert. Anfänglich waren da ein paar Freunde und Bekannte, die für 10 Mark ein paar lokale Bands bei Bier und guter Laune angesehen haben. Jetzt ist Rock im Wald ein Szenefestival mit internationalen Bands aus dem Stoner-, Hardrock- und Punkrock-Bereich, dass inzwischen auch Besucher*innen aus dem DACH-Bereich, Frankreich und Großbritannien anlockt. Das Einzige, was gleichgeblieben ist, ist die familiäre, friedliche Atmosphäre und das soll auch so bleiben.
Hatti: mein Fazit über die Jahre ist hier absolut positiv. Die Dorfgemeinschaft zieht voll mit und auch die Anwohner sind mittlerweile gut integriert und sehen nicht nur die Herausforderungen, die durch das Wochenende entstehen. Wir laden gefühlt das halbe Dorf ein, um Teil des Events zu sein. Da kommt der örtliche Kindergarten, genauso wie unsere "Rentner-Band" aus dem Dorf. Beim Frühschoppen am Freitag und Samstag zaubert der ansässige Fußballverein ein Frühstücksbuffet herbei, bei dem sich alle wohlfühlen und den vermeintlichen Kater vom Vortag vergessen können.
Flo: Zu unserem großen Glück haben wir ein sehr gutes Verhältnis zu den Anwohner*innen in Neuensee. Ohne deren Zustimmung wäre z.B. die Ausweitung auf drei Tage, wie wir sie dieses Jahr erstmalig vollzogen haben, nicht möglich gewesen.
Hatti: Ab und zu braucht es Kontrast. Daher: Schlager vom Feinsten! Ganz klar.
Flo: Ich verstehe die Frage nicht :-) Okay, ab und an mag ich auch mal richtig krassen Metal und Hardcore. Da muss es auch richtig ballern. Um ehrlich zu sein, steh ich aber auch auf so richtig chillige Beats aus dem Elektro-Bereich. Ausgleich muss sein.